
Donald Trumps Zoll-Pläne: wer sind Gewinner und Verlierer?
Von Detlef Flintz
8.4.2025 (zuletzt aktualisiert am 5.8.2025). So gut wie niemand lässt an Donald Trumps Zöllen, mit denen er quasi die ganze Welt überzieht, ein gutes Haar. Doch genaueres Hinschauen lohnt: Sitzen von den Leuten, die jetzt mit Steinen werfen, nicht jede Menge im Glashaus? Und inzwischen fährt Trump seine Ernte ein, verkauft jede Menge Verhandlungsergebnisse als Erfolg. Ob das stimmt, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Die Hintergründe Schritt für Schritt und leicht zu verstehen erklärt:
So funktionieren Zölle:
Ob Tomaten aus Marokko, Jeans aus der Türkei oder das neue E-Bike aus Fernost - wir zahlen quasi täglich unbemerkt Zoll, den der Importeur direkt an den Staat abgibt. Nur sehr selten bekommen wir mit, dass es in unserem Leben Zölle gibt - etwa bei einem Direkt-Import aus China via Amazon.
Also am besten erst einmal runter mit dem Blutdruck: Zölle prägen schon lange den internationalen Handel. Und Zöllen kann man auf legale Weise nicht entgehen - es sei denn, man verzichtet auf den Import.
Der Importeur hat die Wahl, die Zollabgabe aus seinem Gewinn zu finanzieren oder auf den Produktpreis aufzuschlagen. Damit haben Zölle eine Ähnlichkeit mit vielen Steuern. Beispiel Mehrwertsteuer für die Gastronomie: Als 2024 der Satz zurück auf 19 Prozent erhöht wurde, musste auch jeder Wirt und jede Wirtin entscheiden, ob man das selber trägt oder lieber die Preise auf der Speisekarte anpasst.
Warum gibt es Zölle?
Zölle sind eine wesentliche Einnahmequelle für den Staat. Das war schon in der Antike so. Deutschland bezieht darüber jetzt jährlich etwa sechs Milliarden Euro.
Donald Trump denkt aber in ganz anderen Dimensionen und rechnet wohl mit Einnahmen von bis zu 1000 Milliarden Dollar pro Jahr. Zum Vergleich: Das wäre etwas mehr als das US-Militärbudget. Von dem Geld will Trump die Einkommenssteuern in den USA senken.
Fachleute halten Zolleinnahmen in so einer Höhe für illusorisch. Vor allem, weil Trump mit den Zöllen eigentlich ein anderes Ziel verbindet: Im Moment importieren die USA nämlich weit mehr an Waren als sie exportieren - und dieses Ungleichgewicht ist Trump ein Dorn im Auge; das will er ausgleichen. Und: Wenn infolge dessen eine Ware nicht mehr in die USA eingeführt wird, gibt es auch keine Zolleinnahme darauf. Inzwischen (22.7.) rechnet Finanzminister Scott Bessent auch "nur" noch mit 300 Milliarden Dollar jährlich.
Trumps Idee ist nicht neu; schon seit langem versuchen Staaten bzw. Wirtschaftsverbünde, mit Zöllen Importe zu begrenzen und so die heimischen Unternehmen zu schützen. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist dafür der Agrarsektor der EU, in dem jährlich Güter für mehr als 500 Milliarden Euro produziert - und vor Konkurrenz von außerhalb geschüzt werden.
Brüssel macht gar keinen Hehl daraus, dass mit Zöllen Produktions- und Wettbewerbsvorteile, die andere Länder gegenüber den europäischen haben, zunichte gemacht werden sollen. Heißt: Weil Tomaten in Marokko besonders gut wachsen, werden sie künstlich verteuert - zum Schutze der Bauern in Europa.
Das kann man für Quatsch halten oder für einen Beitrag zur Wahrung der europäischen Agrarkulturlandschaft. Auf jeden Fall ist Europa aber beim Thema Zölle kein Waisenknabe.
Was dich auch
interessieren könnte


Bewohnerparken: was Münster richtig macht und Berlin falsch: Mehr
Vermögenssteuer - ja oder nein? Mehr
Was ist an Zöllen eigentlich so schlimm?
Zölle sind, wie gesagt, schon sehr lange beliebt - und genießen dennoch einen schlechten Ruf. Der wichtigste Grund: Zölle verhindern, dass Unternehmen weltweit ihre Produkte zum günstigsten Preis anbieten können.
Letzteres ist die zentrale Idee des freien Welthandels. Leider ist diese jedoch nur in der Theorie relevant. Denn Staaten versuchen, mit allen möglichen Maßnahmen in diesen Marktmechanismus einzugreifen.
Beliebt ist neben Zöllen die Subventionierung heimischer Unternehmen, um deren Exporte zu stärken. Dieser Vorwurf trifft etwa China; die Staatsführung soll die Produktion von Autobatterien und ganzer Elektroautos subventioniert haben.
Um sich dagegen zu Wehr zu setzen, hat dann die EU sogenannte Ausgleichszölle auf den Import bestimmter E-Autos aus China erhoben. In dieser Logik ist der Zoll nicht mehr der Auslöser einer Wettbewerbsverzerrung, sondern der Versuch, diese zu korrigieren.
Aber auch das klingt simpler, als es ist. Erstens lassen sich Wettbewerbsverzerrungen in aller Regel nur „pi mal Daumen“ erfassen. Und zweitens besteht immer die Gefahr, dass ein Zoll Gegenzölle des betroffenen Landes und damit eine Zollspirale auslöst.
Kurzfassung: Wo auch immer Zölle auftreten - entweder ist schon vorher was schiefgelaufen oder spätestens jetzt läuft was schief...
Was ist das Besondere an Trumps Zoll-Plänen?
Als Trump im Frühjahr seine Pläne vorstellt , interessierte er sich nicht für einzelne Branchen, sondern schert mit seinen Zöllen ganze Volkswirtschaften über einen Kamm. Und zwar fast alle auf diesem Planeten. Denn Trump ist der Ansicht, dass das große Ungleichgewicht in den USA zwischen Importen und Exporten nicht mit rechten Dingen zugehen kann, sondern an einer weltweiten systematischen Benachteiligung von US-Unternehmen liegt.
Wirksamste Methode aus Trumps Sicht, diese auszugleichen: Fast jedes Land bzw. jeder Zusammenschluss von Volkswirtschaften (wie die EU) sollte ab 9. April einen - auf Grundlage von nicht wirklich nachvollziehbaren Berechnungen - bestimmten Zollaufschlag verpasst bekommen. Für die EU wären das für die meisten Produkte zwanzig Prozent gewesen.
Seitdem ist Trump teilweise zurückgerudert, teilweise hat er Maßnahmen verschärft. Und es gibt inzwischen jede Menge Einzelvereinbarungen, mit Großbritannien etwa oder Japan. Eine Vereinbarung mit der EU von Ende Juli muss noch von den 27 EU-Staaten bestätigt werden.
Tatsächlich hat Trump dabei Einiges erreicht. So konnte er in den Verhandlungen mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen einen US-Zoll von 15% auf eine breite Range von EU-Produkten durchsetzen. Zum Vergleich: Zwischen 2000 und 2024 lagen die entsprechenden Zölle bei durchschnitlich rund zwei Prozent. Das ist aber nicht gleichzusetzen mit einem wirtschaftlichen Erfolg. Denn auch in den USA gibt es wegen der Zölle jede Menge Verlierer.
Fazit: Trumps Zoll-Pläne haben viele Verlierer und nur wenige Gewinner
Exporteure in die USA - Verlierer: In Deutschland sind das etwa der Anlagen- und Maschinenbau oder die Autoindustrie. Kaum jemand wird zweistellige Zollsätze in seiner Preiskalkulation abfedern können und die meisten betroffenen Unternehmen werden nach anderen internationalen Märkten Ausschau halten. So wie es die ebenfalls von Trumps Zöllen getroffene Konkurrenz freilich auch tut. Was folgt, sind Preiskämpfe, um wenigstens einen Teil der Produktion zu halten. Über niedrigere Preise freuen sich dann zwar die Kunden, aber weil die Produktion sinkt, droht die Gefahr einer Rezession.
Importeure in den USA - Verlierer: Ware aus dem Ausland geht ja nicht immer an Endkunden. Vieles benötigen US-Unternehmen als Bauteile in ihrer Produktionskette. Prominentes Beispiel war anfangs Apple, das jede Menge aus China bezieht. Selbst ein so markenstarkes Unternehmen kann Mehrkosten nicht beliebig an seine Kundschaft weiterleiten - und dann reduzieren Zölle den Gewinn. Nicht so prominent, aber mit denselben Problemen kämpft die "Independent Can Company", die für ihre Konservendosen Stahlblech aus Deutschland bezieht. In dieser Qualität in den USA gar nicht zu bekommen. Eindrucksvolles Beispiel, berichtet von der Süddeutschen Zeitung.
Hersteller in den USA - Gewinner: Je mehr Unternehmen ihre Sachen vor Ort produzieren und je weniger sie Bauteile aus dem Ausland benötigen - desto weniger stören Trumps Zölle. Im Gegenteil: Gerade wegen der Zölle werden sie ja starke Wettbewerber aus dem Ausland los! Etwa im Anlagen- und Maschinenbau. Dennoch bleibt ein Problem: Die amerikanischen Herteller werden die Lücke, die die fehlende ausländische Konlurrenz reißt, nicht komplett ausfüllen können. Denn dafür fehlt ihnen schlicht das Personal. Das Angebot an Maschinen wird also bei gleichbleibender Nachfrage knapper. Und was macht man, wenn einem dann die Kunden die Ware aus den Händen reißen? Man erhöht die Preise.
Konsumenten in den USA - Verlierer: Sie sind die letzten - und die beißen die Hunde. Der Chevrolet? Wird teurer, weil die Maschinenbauer den Autofabriken ihre Preise diktieren. Höhere iphone-Preise? Auch im Gespräch. Und die "Independent Can Company" wird für ihre Konservendosen vermutlich ebenfalls mehr verlangen.
Konsumenten außerhalb der USA - mal Verlierer, mal Gewinner: Natürlich steigen die iPhone-Preise dann überall und nicht nur in den USA. Solche und ähnliche Nachteile haben alle Konsumenten. Aber es gibt einen gegenläufigen Effekt: Hersteller, die ihre Waren nicht mehr in den USA loswerden, dürften unter Preisdruck geraten. Fachleute prognostizieren deshalb bereits einen Preisrutsch auf dem deutschen Automarkt.
Inzwischen liegt der durchschnittliche Zollsatz in den USA bei 18 Prozent. Vor Trumps Amtsantritt waren es gut zwei Prozent. Durch Trumps Zollpolitik wird es noch unwahrscheinlicher, dass Produkte weltweit zu den günstigsten Konditionen angeboten werden. Solche Ineffizienzen sorgen für jede Menge Verlierer und die Zahl der Gewinner bleibt überschaubar:

Ich bin Detlef Flintz, Wirtschaftsjournalist, Dozent und Politikcoach. Ich finde, in der politischen Kommunikation setzen sich die falschen Leute mit den falschen Botschaften durch. Mehr
Quellennachweise und mehr Lesestoff
Zu zollpflichtigen Importen bei Online-Käufen:
https://www.amazon.de/gp/help/customer/display.html?nodeId=TZrzSPOs7wztT6Vmuu
Zur Höhe der deutschen Zolleinnahmen:
Zu Donald Trumps Zoll-Plänen ab 9. April 2025:
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/trump-zoelle-wirtschaft-102.html
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/faq-zoelle-china-usa-100.html
https://www.20min.ch/story/us-praesident-trump-trump-gibt-erste-strafzoelle-bekanntgegeben-103375364
https://german.cri.cn/2025/08/03/ARTI1754225633314967
Zur Geschichte der US-Zölle:
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/trumps-zollattacke-trifft-freund-und-feind-110398209.html
Zur Vergleichsgrüße US-Militäretat:
Zur Geschichte von Zöllen:
Zu den Zöllen auf Agrarprodukte für die EU:
Zu EU-Zöllen auf E-Autos aus China:
https://www.deutschlandfunk.de/china-elektroautos-eu-markt-zoll-100.html
Zur Bedeutung weltweit frei zugänglicher Märkte:
https://www.wiwo.de/politik/konjunktur/david-ricardo-die-grundsaetze-des-freihaendlers/5886714.html
Zu den Auswirkungen auf Unternehmen in den USA:
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-aktien/apple-inc.htm
"Angst in Dosen" (Süddeutsche Zeitung, Printausgabe vom 28.7.2025)
https://www.gtai.de/de/trade/usa/branchen/us-markt-fuer-werkzeugmaschinen-wird-noch-groesser-965932
https://www.consilium.europa.eu/de/infographics/eu-us-trade/
Zu den Auswirkungen auf den deutschen Automarkt:
Zu den mit der EU-Kommission geführten Verhandlungen:
"Wer gewinnt, wer verliert?" (Die Welt, Printausgabe vom 29.7.2025)