Fünf Regeln für erfolgreiche Wahlslogans

Von Detlef Flintz

 

22.8.2025. Ein guter Wahlslogan wird zwar nur in den seltensten Fällen einen Trend drehen. Aber er kann den wichtigen kleinen Unterschied ausmachen und den einen fehlenden Prozentpunkt holen. Also: Es lohnt, sich ins Zeug zu legen und unnötige Fehler zu vermeiden. Hier in NRW ist gerade Kommunalwahlkampf mit jede Menge Anschauungsmaterial zur Qualität der Slogans. Im Guten wie im Schlechten. Woran das liegt? Fünf simple Regeln machen das schnell klar:

Aufschrift: "Kita: 0,00 Euro"

Sascha Solbach ist Bürgermeister in Bedburg und legt sich für eine nächste Amtszeit hier fest.

1. Bleib kurz und einfach

Warum? Die Meisten sind schnell unterwegs, sei es mit dem Auto (am Wahlplakat vorbei) oder mit dem Finger (beim Scrollen auf Social Media). Deine Botschaft muss also in wenigen Sekunden sitzen.

 

Wie? Denke nicht in Sätzen, sondern in Worten. Drei sind eine gute Richtschnur, zwei sind noch besser. Etwa: „Freibad umsonst“. Und einfach wird es bei der Kürze quasi automatisch. Klappt bei deinem Inhalt nicht? Wirklich nicht? Dann ist der Inhalt nicht der richtige.

So geht es: “Kita: 0,00 Euro“. Der Slogan der SPD Bedburg sitzt innerhalb von Sekunden (siehe Bild oben rechts). Kein Rätseln, was konkret gemeint sein könnte. Stattdessen eine Botschaft mit Gesprächswert.

So lieber nicht: “Kein Amt für Anfänger.“ Wer ist gemeint? Ist die Person auf dem Plakat der Anfänger? Oder - umgekehrt - hat sie was gegen Anfänger und zielt gegen  jemand anderen? Wenn das der Fall sein sollte: Wer wäre das denn? Fragen über Fragen… Übrigens: Der Mann auf dem Bild ist der OB-Kandidat der CDU für Köln. Bis vor kurzem Baudezernent In der Stadt, in der gefühlt kein Bauvorhaben pünktlich fertig wird. Dass ausgerechnet er fordert, keine Anfänger ranzulassen, hat schon für jede Menge Lacher gesorgt, etwa hier: https://www.instagram.com/p/DM74mUZMrFf/

Der OB-Kandidat der CDU fordert hier: "Kein Amt für Anfänger"

Markus Greitemann, CDU, OB-Kandidat für Köln.

2. Triff den Nerv deiner Zielgruppe

Warum? Es reicht nicht, wenn die Leute, die du ansprechen möchtest, deinen Slogan verstehen. Sie müssen ihn auch innerlich akzeptieren. Das gelingt nur mit Themen, die jene wirklich beschäftigen.

 

Wie? Zunächst musst du dir über deine Zielgruppe klar werden. Sind es eher wenige, kleinere Milieus? Dann gehen auch Nischenthemen.  Willst du aber Bürgermeister oder Landrätin werden, müssen deine Ideen die breite Masse - ja, am besten: - anspringen.

So geht es: “Mit Solidarität.“ Ein wenig gewagt ist die Annahme der Grünen schon, dass Solidarität die Massen bewegt. Aber wir sind in Köln, der "Stadt mit Herz“, deren Bürgerinnen und Bürgern man vielfach Weltoffenheit und Toleranz nachsagt. Unter dieser Prämisse passt dann so ein OB-Slogan doch. Wenn auch ein Restrisiko bleibt.

Der Ausschnitt zeigt vor allem Schrift: "Mit Solidarität. Für die Stadt mit Herz."

Slogan von Berîvan Aymaz, OB-Kandidatin der Grünen für Köln.

So lieber nicht: “Klarheit statt Hinterzimmer.“ Die Frau in Rot hat was gegen Kungelei. Das ist ohne Frage gut. Dennoch behaupte ich: Wenn die Politik stimmt, ist den Leuten ziemlich egal, wo sie herkommt. Notfalls auch aus dem Hinterzimmer. Umgekehrt ist Klarheit kein Garant für gute Politik. Entscheidend ist immer, was für die Menschen rauskommt.

Die Kandidatin Andrea Reh in engerem Kontakt mit einem ebenfalls älteren Herrn, lachend, davor Text: "Klarheit statt Hinterzimmer"

Andrea Reh, SPD, will Landrätin des Kreises Heinsberg werden.

3. Nenne ein konkretes Ziel

Warum? Über Politikerinnen und Politiker heißt es gern, dass sie sich nicht festlegen (erlebe ich oft auch so) und dass sie wenig Ahnung vom "echten Leben" haben. Möchte man ohne Not so jemanden wählen? Beweise also das Gegenteil!

 

Wie? Sag, was du vorhast. Nichts Wolkiges wie "Anpacken", sondern benenne konkret, was du anpacken willst. Das ist zwar nur ein Ding von vielen. Aber die Leute sind ja nicht blöd und wissen, dass das nur ein Beispiel ist. Und dass du weißt, wie es in ihrem Leben zugeht.

So geht es: "Zuhause statt zu teuer." Ok, man muss kurz nachdenken. Also nicht gaaanz so einfach. Aber dafür freut man sich danach über einen guten Sprachwitz. Und über das konkrete Versprechen - übersetzt: Wohnen soll billiger werden. Glaubwürdig ist das Ganze auch, da die Linke das Thema Mietkosten penetriert wie keine andere Partei, u.a. so: https://www.die-linke.de/mitmachen/kampagnen/heizkostencheck/

Mietshaus-Block, dadrüber Schrift: "Zuhause statt zu teuer."

Kampagne der Linken für den NRW-Kommunalwahlkampf.

So lieber nicht: "Der Beste für Rommerskirchen!" Sagt die SPD über Martin Mertens. Und die CDU gibt zu, dass ihr Kandidat nur die B-Lösung ist? Kaum. Eher haben wir es mit mehreren "Besten" zu tun. Wahlgetrommel also ohne Wert. Und auf seine Einhaltung überprüfen lässt sich so ein Gummi-Slogan später auch nicht. Glaubwürdig geht anders.

 

Bürgermeister Martin Mertens, daneben der Text: "Der Beste für Rommerskirchen!"

Martin Mertens,SPD, ist Amtsinhaber in Rommerskirchen.

4. Sei einzigartig 

Warum? Nur so erreichst du ungeteilte Aufmerksamkeit. Und bindest konkrete Inhalte, die dir - und vor allem deiner Zielgruppe - wichtig sind, ausschließlich an deine Person. Bei der Wahl kommt man nicht mehr an dir vorbei.

 

Wie? Entwickle ein Profil, das man nur mit dir in Verbindung bringt. Indem du Felder so hartnäckig und prominent beackerst, wie niemand anderes. Dein Wahl-Slogan ist dazu passend das Ausrufezeichen. Natürlich gehen auch mehrere Slogans zu verschiedenen Themen.

So geht es: "Spielplatz für Kinder statt für Dealer." Klartext und Abhilfe bei Gefahren durch eine zu liberale Politik - da kann niemand der AfD das Wasser reichen. Man mag es abstoßend finden, aber es trägt zu einem einzigartigen Profil bei. Und darum geht es an dieser Stelle. Wer immer noch rätselt, warum die Partei so erfolgreich ist: Sie beherrscht halt die Regeln für Kommunikation. Die übrigens funktionieren gottlob nicht nur beim Schüren von Ängsten.

Drei Jungs auf einem Spielplatz. Darunter Schrift: "Spielplatz für Kinder statt für Dealer."

Slogan der AFD NRW für die dortigen Kommunalwahlen.

So lieber nicht: Einen Stadtteil "voranbringen" oder "besser machen" - wer will das nicht? Alleinstellungsmerkmal also gleich null. Und es dürfte keinen wundern, dass auch andere Stadtteile von Grevenbroich, ebenso wie der Stadtkern, "besser" werden sollen. Aber wie eigentlich und wo genau? Schulen, Kitas, Freizeitangebote, Verkehr, Grünflächen? Womöglich überall. Man muss nur dran glauben.

Nur Text: "Raphael Drahs - Wevelinghoven voranbringen"
Nur Text: "Wevelinghoven besser machen. Mit Ihrer Stimme für René Ueckert"

FDP und CDU mit einer wenig überraschenden Absicht im Gleichklang.

5. Testen, testen, testen

Warum? Entscheidend ist nicht, was du sagen möchtest, sondern wie dies bei den Adressaten ankommt. Oft läuft es eben nicht so, wie du das meinst oder möchtest. Und du erzeugst Missverständnisse, Desinteresse oder gar Ablehnung. Das kann an Formulierungen liegen, die Interpretationsspielräume zulassen. Oder der Text berührt die Leute nicht. Und womöglich ist es sogar das komplett falscheThema. Auch der größte Erfahrungsschatz schützt hier nicht vor kostspieligen und gravierenden Irrtümern. Was dagegen hilft? Den Slogan testen. Bei denen, um die es geht. Bevor der Startschuss für die Kampagne fällt.

Wie? Ganz simpel: Geh auf die Straße, vors Schwimmbad oder vor die Kita - also dorthin, wo sich deine Zielgruppe aufhält. Mit einem Stück Karton in der Hand, auf dem groß und fett dein Slogan steht. Nichts weiter. Muss auch keinen Schönheitspreis gewinnen. Und du fragst zum Beispiel, was den Menschen bei dem Slogan durch den Kopf geht. Gerne auch andere Fragestellungen probieren. Meistens erkennt man recht schnell, ob der Slogan tatsächlich das auslöst, was man beabsichtigte. Wenn nicht: den Slogan verbessern oder gar komplett neu erfinden - und dann wieder testen!

Mann mit Brille und silbernem Haar, lächelnd in Anzug mit gekreuzten Armen.

Ich bin Detlef Flintz, langjähriger ARD-Journalist und nun Politikcoach. Mein Credo: Entscheidend ist immer die Perspektive der Adressaten. Mehr

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