Von Detlef Flintz
4.4.2025. In Münster kostet ein Stellplatz 25mal mehr als in Berlin. Bonn ist sogar noch teurer. Warum das richtig ist? Bisher wurde wertvoller öffentlicher Raum, für dessen Nutzung andere viel zahlen müssen, nahezu verschenkt. Mit dem Ergebnis, dass immer mehr Autos in die Stadt drängten. Hier die Argumente für eine gerechte Bewohnerparkgebühr im Einzelnen:
Bis 2020 galt bundesweit: Ein Bewohnerparkplatz darf nicht mehr als 30,70 Euro kosten. Im Jahr! Und siebzehn Jahre lang war diese Grenze nicht verändert worden. Während die Preise um 53 Prozent stiegen.
Seitdem aber sind die Bundesländer verantwortlich. Und die meisten überlassen die Gebührengestaltung den Kommunen. Immer mehr machen von dieser Freiheit Gebrauch - viele warten aber noch zu. Daraus ergeben sich::
Bei einer Erhebung der Deutschen Umwelthilfe, veröffentlicht im Februar 2025, hatten von 107 abgefragten Kommunen nur 41 ihre Gebühren angehoben. Was auch daran liegen dürfte, dass Bayern, Sachsen-Anhalt, Saarland und Schleswig-Holstein dies ihren Kommunen immer noch nicht erlauben.
Wenn es allerdings Gebührenerhöhungen gab, dann meist oberhalb des Inflationsausgleichs. Doch auch dafür gibt es gute Argumente:
Für die Erlaubnis, draußen Getränke auszuschenken, zahlt ein Gaststättenbetreiber in München für eine Fläche etwa so groß wie ein Parkplatz an die Stadt zwischen knapp 200 und 900 Euro. Auch wenn sich die Zwecke vielleicht nur bedingt vergleichen lassen, so ist dennoch offenkundig, dass viele Städte ihren Parkraum unter Wert anbieten.
Dies bestätigen verschiedene Schätzungen zu den Kosten, die bei den Kommunen für die Bereitstellung von Parkraum anfallen. Eine eher vorsichtige Berechnung der Agora Verkehrswende kommt für Berlin auf 220 Euro jährlich; das ifeu Heidelberg hatte in einer Untersuchung für das Land Baden-Württemberg über 600 Euro ermittelt
Die Deutsche Umwelthilfe fordert als - nach eigenen Angaben eher vorsichtig kalkulierten - Kostendeckungsbeitrag eine Jahresgebühr von 360 Euro.
Auch wenn es sich um Schätzungen handelt, so spricht doch alles dafür, dass Autobesitzer und -besitzerinnen beim Bewohnerparken nicht abgezockt, sondern in aller Regel subventioniert werden. Zu Lasten der Allgemeinheit, die dies mit Steuergeldern finanziert.
Eine Subvention, die außerdem tendenziell den Reicheren zugute kommt. Denn die besitzen nicht nur mehr Autos, sondern zudem größere.
Nicht nur Frankfurt am Main schlägt sich mit diesem Problem herum: Früher konnten auf einer acht Meter breiten zweispurigen Straße links und rechts am Straßenrand Autos parken. Heute machen sich die Autos so breit, dass es entweder nur noch für eine Fahrspur reicht - oder nur für einen Parkstreifen.
Nur mehr zahlen muss deshalb niemand. Zwar hat die Frankfurter Verwaltung einen Plan für nach Autogröße gestaffelte Gebühren in der Schublade. Doch da bleibt er erstmal - die in Frankfurt mitregierende FDP ist dagegen.
Die Idee stammt aus Freiburg. Dort hatte man im April 2022 die Standardgebühr auf 360 Euro erhöht - u.a. mit Nachlässen und Aufpreisen für kleine bzw. besonders große Autos. Die hielt jedoch das Bundesverwaltungsgericht für unverhältnismäßig und kippte die Gebührenordnung. Begründung: Eine Erhöhung auf das Doppelte bei im Extremfall nur fünfzig Zentimetern mehr an Länge verletze den Gleichheitsgrundsatz.
Dennoch haben die Freiburger etwas erreicht: die richterliche Feststellung, dass sowohl drastische Gebührenanhebungen wie auch nach Größe gestaffelte Gebühren rechtmäßig sind - letztere aber nur, wenn die Preissprünge verhältnismäßig ausfallen.
Was das konkret heißt? Freiburg wollte es wohl nicht nochmal ausprobieren und hat nun eine fixe Gebühr von 200 Euro. Andere Kommunen aber haben die Freiburger Idee inzwischen aufgegriffen, Köln zum Beispiel ganz vorsichtig mit Bewegungen im Zehn-Euro-Schritt, mit 100 Euro als Unter- und 120 Euro als Obergrenze.
Stufenlos und quasi mit dem Zollstock geht hingegen Koblenz die Sache an. Hier ist das Abstellen eines Smart fortwo für 105 Euro im Jahr zu haben, während für einen VW Tiguan 196 Euro anfallen. Ein vergleichbares Konzept hat die Aachener Verwaltung erarbeitet; sie rechnet mit einer Umsetzung spätestens im Frühsommer.
Auch wenn man sich schon mal über steigende Preise ärgert: Preise haben eine Lenkungswirkung. Und ein Umlenken in der Verkehrspolitik ist in vielen Kommunen nach wie vor dringend geboten, auch beim Thema Bewohnerparken. Denn steigende Kfz-Zulassungszahlen stoßen auf Parkraum, der nicht entsprechend wächst. Oft geht dieser inzwischen sogar zurück, damit sich Radfahrer, Fußgängerinnen oder spielende Kinder den Raum zurückholen können, den ihnen das Auto geraubt hat.
Und: Höhere Gebühren werden bei manchen den Gedanken aufwerfen, ob man den eigenen Wagen vor der Haustür wirklich so dringend braucht. So hatte sich in Freiburg kurze Zeit nach dem Gebührensprung auf 360 Euro pro Jahr die Zahl der beantragten Bewohnerparken etwa halbiert. In Münster, wo das Bewohnerparken seit Februar 2024 260 Euro im Jahr kostet, gibt es einen Rückgang von ehemals 3500 auf inzwischen weniger als 3000 Parkausweise.
Der Preismechanismus wirkt also - trifft jedoch auch Personen, die dringend ein Auto benötigen, sich aber den Stellplatz nicht mehr leisten können. Gut möglich, dass viele Kommunen das Thema Bewohnerparken auch deshalb eher zögerlich angehen.
Wer die Gebühren niedrig läßt, muss ich darüber im Klaren sein: Davon profitieren nicht nur Menschen mit wenig Geld, sondern jede Menge Trittbrettfahrer, die sich eine höhere Gebühr leisten könnten. Verkehrspolitik ist eben keine Sozialpolitik - die funktioniert viel besser etwa über Steuern. Hier noch einmal die wichtigsten Argumente für höhere Gebühren beim Bewohnerparken:
Und nein, ich bin nicht gegen Autos, sondern fahre selbst eins - und weiß seine Vorteile zu schätzen. Ich zweifle nur am Recht von uns Autofahrern, sich überall und jederzeit breit zu machen. Und das noch am liebsten quasi umsonst.
Ich bin Detlef Flintz, Wirtschaftsjournalist, Dozent und Politikcoach. Ich finde, in der politischen Kommunikation setzen sich die falschen Leute mit den falschen Botschaften durch. Mehr
Zur Abschaffung der bundesweiten Regelung fürs Bewohnerparken:
https://difu.de/nachrichten/bewohnerparken-in-den-staedten-wie-teuer-darf-es-sein
Zu den Gebühren in ausgewählten Städten:
https://www.stadt-muenster.de/bewohnerparkausweis/faq-bewohnerparken
https://www.stadt-koeln.de/service/produkte/bewohnerparkausweis
Zu den Kosten für einen Ausschankplatz in München:
Zu den Kosten, die bei den Kommunen für einen Bewohnerparkplatz anfallen:
https://www.klimaschutz-bewegt.de/wp-content/uploads/01_Kosten_Parkraum_ifeu.pdf
Zum Zusammenhang zwischen Vermögens- und Autobesitz:
https://www.agora-verkehrswende.de/fileadmin/user_upload/99_Faktenblatt-Mobilitaetskosten.pdf
Zu den Auswirkungen, wenn Pkw immer größer werden:
https://www.fr.de/frankfurt/grosse-autos-in-frankfurt-hoehere-parkgebuehren-fuer-93388569.html
Zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Freiburger Gebührenordnung:
Zur Lenkungswirkung von Preisen für kommunale Verkehrspolitik gibt es u.a. eine umfassende Arbeit des Fraunhofer-Instituts („Klimawirkungen von Maßnahmen im Verkehr“, 12.4.24):
https://drive.google.com/file/d/1jriA7TYouEA5Hn__fIIopQotqjOclLXo/view
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